Das perzeptive Prinzip

Mit der multimedialen Arbeit »DomRömer – Der gebaute Diskurs« (Arbeitstitel) wollen wir am Beispiel der Neuen Frankfurter Altstadt als einem der spannendsten architektonischen, gesellschaftlichen und kulturellen Ereignisse der jüngeren Stadtgeschichte die Wechselwirkung zwischen Einzelbiografien und Räumen städtischer Identität erkunden.

Begonnen im August 2019 wurde das Projekt mit Mitteln der Hessischen Filmförderung für die Drehbuchherstellung gefördert. Die erste Buch-Fassung vom April 2021 enthält eine Auswahl von zunächst sechs Texten, bearbeitet und geordnet in der Art einer Kurzgeschichtensammlung.

Im Rahmen der Künstlerförderung durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst während der Corona-Pandemie entwickelten Stefan Freund und Thomas Mank die Website »Der gebaute Diskurs« mit der ausführlichen Wiedergabe der vier Gespräche mit Uwe Becker, Olaf Cunitz, Michael Guntersdorf und Prof. Christoph Mäckler.

Ebenfalls im Rahmen einer Corona-Künstlerförderung durch die Hessische Kulturstiftung entstand die Website »Die unsichtbare Stadt« als Doppelporträt von Susanne Keller und Marc Jordi, Jordi-Keller Architekten.

Im September 2023 entstand der 30-minütige Kurzfilm »Ein vielstimmiger Chor« mit einer Auswahl von Interviews und Fokus auf die Entwicklungsgeschichte des DomRömer-Projekts. Der Film wurde am 2. und 3. Oktober in Frankfurt auf dem Gelände der Neue Altstadt aufgeführt.

Thomas Mank, November 2023

Der Anfang

Die Idee zu dem Essayfilm geht zurück auf die Freundschaft mit dem Bildhauer und Architekten Marc Jordi und seiner Ehefrau, der Architektin Susanne Keller. Kennengelernt hatten wir uns durch die gemeinsame Arbeit an meinen Medieninstallationen „Normenwerk“ (DIN Deutsches Institut für Normung e. V.) und „Die Mauer muss weg. Friedliche Revolution und Überwindung der Teilung“ (Deutscher Bundestag).

Seit langem war ich fasziniert von der Entschiedenheit ihrer künstlerischen Konzepte und der familiären wie beruflichen Disziplin, die ganz auf die gemeinsame Arbeit und das anspruchsvolle Architekturverständnis hin ausgerichtet ist. Als sie mir im Herbst 2017 von ihrer Arbeit für das Dom- Römer-Projekt erzählten, schlug ich vor, eine in diesem Zusammenhang geplante Gruppenausstellung ihrer Entwürfe der Häuser Markt 8 und Markt 40 im Frankfurter Architekturmuseum zum Anlass für zunächst ein Werkporträt zu nehmen.

Durch die Recherche erfuhr ich dann bald mehr über das Dom-Römer-Projekt selbst und begriff, dass es sich dabei nicht nur ein außergewöhnliches Bauvorhaben handelte, sondern auch die einmalige Gelegenheit bot, den Einfluss von architektonischem Umfeld auf das emotionale und psychologische Erleben von Menschen medial zu erkunden, die Verbindung zwischen Raum und Erinnerung zu verstehen und mich künstlerisch mit der Frage auseinanderzusetzen, wie Orte und Räume die Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen beeinflussen können. Das ursprünglich geplante Werkporträt über Keller und Jordi sollte – und soll – nun Teil eines Essayfilms mit dem Arbeitstitel »DomRömer – Der gebaute Diskurs« werden.

Eine Drehbuchförderung durch die Hessen Film & Medien GmbH 2019 wurde zum Anlass, dem Projekt durch die Zusammenarbeit mit dem Fotografen Stefan Freund eine zusätzliche künstlerische Dynamik zu geben. Zeitweise ausgebremst durch die Umstände der Pandemie, aber weiter gefördert mit drei Corona-Stipendien zeichneten wir 2021 eine erste Auswahl filmisch-fotografischer Gespräche mit Personen auf, die maßgeblich am Zustandekommen des Dom-Römer-Projekts beteiligt waren. Eine schwere Erkrankung zwang mich dann in eine längere Pause. Im Sommer 2023 nahmen wir die Arbeit wieder auf und konnten feststellen, dass das Interesse an unserem Projekt und die Bereitschaft, daran mitzuwirken, weiterhin ungebrochen sind.

Die Idee

Von jeher ist die Architektur Frankfurts vom Handel geprägt. Seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts wächst das Zentrum der Stadt als eine weithin sichtbare Skulptur des urbanen Fortschritts in die Höhe. Ihr Sockel verläuft sich weiträumig in niedrig-kleinteilige Geschäftshäuser und Grünanlagen aus, wo noch bis 1944 Europas größte zusammenhängende gotische Altstadt stand, deren Ruinen nach dem 2. Weltkrieg den technischen Erfordernissen eines durchökonomisierten Neuanfangs geopfert wurde.

Auch die Bewohnerinnen und Bewohner Frankfurts setzen sich mittlerweile aus Individuen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund zusammen. In gleicher Weise vielfältig wie die Bevölkerung sind auch die zahlreichen Stadtteile und Viertel. Diese unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer architektonischen Merkmale, sondern auch in ihrer sozialen Struktur.

Seit 2018 ergänzt die Neue Frankfurter Altstadt diese moderne Stadtgesellschaft um die Fantasie eines gemeinsamen historischen Kerns. Als sechs Jahre zuvor der Grundstein zu dieser neuen Altstadt gelegt wurde, ging es auch darum, der Stadt „ihr Herz“ zurückzugeben.

Ursprünglich begonnen als Initiative von Bürgerinnen und Bürger bietet das »Dom-Römer-Projekt« zur Rekonstruktion und Neudefinition eines Teils der historischen Altstadt die außergewöhnliche Gelegenheit, sich dokumentarisch und künstlerisch mit Begriffen wie „Heimat“ und „Identität“ zu befassen.

Wie also beeinflussen Orte und Räume das emotionale und psychologische Erleben von Menschen? Welche Wirkung übt die Umgebung auf das Denken, Fühlen und Verhalten aus? Entstehen auch oder gerade in so komplexen Strukturen wie dem Dom-Römer-Projekt Wechselwirkungen zwischen der biografischen Prägung jener Personen, die über das Erscheinungsbild der neuen Stadträume entscheiden und dem späteren Erleben?

Mit dem Essayfilm »DomRömer – Der gebaute Diskurs« (Arbeitstitel) wollen wir am außergewöhnlichen Motiv der Neuen Frankfurter Altstadt die Verbindung zwischen Raum und Mensch aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten, uns künstlerisch den verborgenen Schichten der Stadtgesellschaft nähern, indem wir die üblichen Muster der Wahrnehmung in der Stadt durchbrechen und neue Perspektiven darauf schaffen, wie sie Menschen formt und wie wiederum Menschen diese Umgebung gestalten.

In den Film einfließen sollen dafür auch in modernem Kontext Erkenntnisse aus Urbanistik, Psychologie und Kunst, um ein tieferes Verständnis für die Komplexität der menschlichen Beziehung zu städtischen Landschaften visualisieren zu können.

In diesem Sinne sollen die Auseinandersetzungen um das Dom-Römer-Projekt ebenso wie die damit einhergehenden außergewöhnlichen handwerklichen und planerischen Herausforderungen die Motive für den Essayfilm als eine filmische Collage sein, die sich eher künstlerisch als dokumentarisch mit dem Zusammenleben von Menschen befasst.

Die Gebäude der Neuen Frankfurter Altstadt stammen von Architektinnen und Architekten mit unterschiedlichen Auffassungen. Für den geplanten Film soll beispielhaft die Konzeption und Erarbeitung der beiden Häuser »Markt 8« und »Markt 40« des Architekturbüros „Jordi & Keller Architekten“ dargestellt werden.

Zunächst nur mit »Markt 40« beauftragt gewannen Susanne Keller und Marc Jordi einen internen Wettbewerb um den Bau von »Markt 8«. Gewürdigt wurde nicht nur die Entwurfsarbeit gewürdigt, sondern eine künstlerische Haltung, die sich mit außergewöhnlicher Konsequenz durch sämtliche ihrer Arbeiten zieht.

Produktionsplanung

Mit der Gründung von „Freund & Mank Medien“ bereiten wir uns nun darauf vor, »DomRömer – Der gebaute Diskurs« als einen ca. 90-minütigen Film zu produzieren.

Geplant ist bislang eine Collage aus einzelnen Porträts in Verbindung mit privaten, historischen und zeitgenössischen Filmaufnahmen, aufgeteilt in mindestens sechs Kurzfilme, die kombiniert die Kapitel des Essayfilms bilden, aber auch einzeln in beispielsweise einer Rauminstallation gezeigt werden können. Eine Montage, in der unter anderem Stadterkundungen der Porträtierten mit Bildmaterial aus privatem Besitz und Material der Stadtgeschichte kombiniert werden. Aus unterschiedlichsten Richtungen kommend finden sie auf dem Römerberg in der Neuen Frankfurter Altstadt zusammen.

Jedes Porträt steht als Kapitel für eine eigene Perspektive in der Erzählung von persönlicher Annäherung und Aneignung. Das Kapitel und ursprüngliche Werkporträt von Susanne Keller – Marc Jordi soll Einblicke in einen künstlerisch konsequenten wie gleichermaßen durchstrukturierten Arbeitsalltag ermöglichen. Die Darstellung architektonischer Konzepte ebenso wie die Kontrolle der Gewerke vor Ort bilden das konzeptionelle Gerüst, anhand dessen »DomRömer – Der gebaute Diskurs« geführt werden wird.

Dafür wollen wir in den kommenden sechs Monaten in zunächst vier Schritten vorgehen:

  1. Ausbau des Konzepts; nach wie vor stehen die autobiografische Architekturerfahrung und ihre Auswirkung auf das kollektive Bewusstsein einer Stadtgesellschaft im Mittelpunkt.
  2. Vertiefen der Recherchen mit dem Ziel, Gespräche mit einem größeren Kreis aus unterschiedlichsten am Bauprojekt Beteiligten zu führen.
  3. Sammeln und Auswerten historischer und zeitgenössischer Medien aus Archiven und privaten Beständen
  4. Werkporträt Keller und Jordi

Für den Spätsommer 2024 planen wir die Aufzeichnungen und die Montage der Gespräche, auf deren Strukturen dann die Archivmedien angelegt werden.

Der Film soll im Herbst 2024 fertig sein.

Vorgehensweise

Ausgangspunkt sind die autobiografischen Erzählungen, die aus unterschiedlichen Perspektiven vom Entstehen des Dom-Römer-Projekts berichten.

  • Analyse der einzelnen Erzählungen auf visuelles Potential
  • Ausarbeitung wichtiger visueller Momente
  • Ableitung von Kategorien bzw. Schlagworten als Index
  • Indizierung der Collagenelemente
  • Montage als Collage auf der Grundlage der Indizierung
  • Parallel: Konzeption, Entwurf und Programmierung einer den Film begleitenden Website bzw. Um- bzw. Neugestaltung der aktuellen DomRömer-Website
Die Porträts (Stand: 11. 2023)
  • Olaf Cunitz, Historiker, 2012 bis 2016 Bürgermeister und Dezernent für Planen und Bauen von Frankfurt. In Vertretung des Oberbürgermeisters Aufsichtsratsvorsitzender der DomRömer GmbH. Gespräch am 15. April 2021.
  • Uli Baier, Stadtrat, stellv. Stadtverordnetenvorsteher, Mitglied des Ausschusses für Planen und Bauen; Vorsitzender des Sonderausschusses Dom-Römer. Gespräch am 13. April 2021.
  • Uwe Becker, Bürgermeister und Kämmerer der Stadt Frankfurt a.D., Beauftragter der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus. Gespräch am 22. März 2021.
  • Michael F. Guntersdorf, Projektleiter, Architekt und Stadtplaner, von 2009 bis 2018 Geschäftsführer der DomRömer GmbH. Gespräch am 20. April 2021.
  • Marc Jordi, Architekt, Zeichner und Bildhauer. Zusammen mit Susanne Keller als „Jordi & Keller Architekten“ verantwortlich für die Häuser Markt 8 „Großer Rebstock“ und Markt 40 „Zu den drei Römern“. Gespräch am 7. April 2021.
  • Susanne Keller, Architektin. Zusammen mit Marc Jordi als „Jordi & Keller Architekten“ verantwortlich für die Häuser Markt 8 „Großer Rebstock“ und Markt 40 „Zu den drei Römern“. Gespräch am 7. April 2021.
  • Christoph Mäckler, Architekt und Stadtplaner, Vorsitzender des DomRömer-Gestaltungsbeirats. Gespräch am 12. März 2021.
  • Dominik Mangelmann, Bauingenieur aus Offenbach, dessen Diplomarbeit im Jahr 2004 die Diskussion um die Bebauung des Römers maßgeblich befördert hat. Gespräch am 12. April 2021.
  • Wolfgang Siefert, Stadtrat, Aufsichtsratsmitglied der DomRömer GmbH. Gespräch am 20. April 2021.
  • Claus Wolfschlag, freier Autor, formulierte Jahr 2004 den initialen Antrag der BFF zur Altstadtbebauung. Gespräch am 19. März 2021.
Drehbuchförderung durch Hessenfilm und Medien 2019/2020