Der gebaute Diskurs

Logline

Am Motiv des neuen Dom-Römer-Quartiers in Frankfurt am Main wird untersucht, welchen Einfluss die architektonische oder geographische Umgebung auf die Wahrnehmung, das psychische Erleben und das Verhalten hat. Am Beispiel von zehn Porträts maßgeblich am Zustandekommen des Quartiers beteiligter Persönlichkeiten wird die Bedeutung individueller Biografien für die Wirkung von Erbautem auch auf Gefühle als Prozess einer Aneignung und Identität visualisiert.

Das perzeptive Prinzip

Das DomRömer-Projekt untersucht künstlerisch/essayistisch die Beziehung zwischen den persönlichen Erfahrungen eines einzelnen Menschen und der Perzeption einer allgemeinen, beliebigen Gruppe von Personen. Hierfür eignet sich Architektur im Allgemeinen sehr gut, denn mehr oder weniger alle Menschen bewohnen Räume und nehmen diese Räume als eigene und intimste Orte wahr, auch wenn sie selbst an deren Zustandekommen keinen Anteil hatten. 

Im Gegenteil, ein architektonisches Vorhaben kann in der Regel nur von einer Vielzahl von Menschen ausgeführt werden, die in der Regel hierarchisch arbeitsteilig organisiert sind. Am Anfang aber steht immer die Idee einer einzelnen Person, die nicht selten den späteren Bau nicht selbst benutzen oder bewohnen wird. In jedem Fall wird eine Ansammlung von Bauten, beispielsweise eine Stadt bzw. ein Stadtviertel als persönliches Umfeld individuell wahrgenommen, sozusagen sich zu eigen gemacht, auch wenn man an den einzelnen Bauten und Strukturen keinerlei Anteil hat außer der Tatsache, sich dort regelmäßig aufzuhalten.

Um nun dem Zustandekommen und Wirken solcher perzeptiven Empfindungen nachzuspüren ist das neue Dom-Römer-Quartier das ideale Motiv, denn es bietet die seltene Gelegenheit, das ein komplettes Viertel am Stück gebaut und somit erdacht worden ist. Einmalig wird dieses Motiv darüber hinaus durch die Tatsache, dass es sich um eine Rekonstruktion einer urbanen Struktur handelt, die seit der Zerstörung der ursprünglichen Bauten Ende des 2. Weltkriegs allein durch kollektive Erinnerung einen wichtigen Raum der städtischen Identität gebildet hat. 

Mit anderen Worten, das Dom-Römer-Quartier ist steingewordene Erinnerung, sowohl einer kollektiven Identität als auch der persönlichen Erfahrungen jener, deren Planungen und Vorhaben die Umsetzung der Rekonstruktion ermöglicht haben. Zudem haben die planerischen Individuen eine besondere Bedeutung, denn die Rekonstruktion bemüht sich um die Verbindung vergangener Authentizität mit zeitgenössischen Formen. 

Vorgehensweise

Ausgangspunkt sind zehn autobiografische Erzählungen, die vom jeweiligen Anteil am Entstehen des DomRömer-Quartiers berichten.

  • Analyse der einzelnen Erzählungen auf visuelles Potential
  • Exzerption oder Transposition visueller Schlüsselmomente
  • Ableitung und Erarbeitung von Kategorien bzw. Schlagworten als Index
  • Indizierung der Collagenelemente
  • Montage als Collage aus
  • zehn analogen Erzählungen (Kurzfilmen)
  • Interaktiv wechselnden Variationen auf der Basis der Indizierung

Umsetzung

  • Texte als Erzählungen
  • Exzerpte als indizierte einzelne Elemente
  • Collagieren der Texte/Textblöcke auf Index-Basis
  • Umsetzung der Textblöcke als visuelle Elemente aus Film und Fotografie
  • Konzeption, Entwurf und Programmierung einer responsiven Website
  • Um- bzw. Neugestaltung der DomRömer-Website

Die Porträts

  • Olaf Cunitz, Historiker, 2012 bis 2016 Bürgermeister und Dezernent für Planen und Bauen von Frankfurt. In Vertretung des Oberbürgermeisters Aufsichtsratsvorsitzender der DomRömer GmbH. Gespräch am 15. April 2021.
  • Uli Baier, Stadtrat, stellv. Stadtverordnetenvorsteher, Mitglied des Ausschusses für Planen und Bauen; Vorsitzender des Sonderausschusses Dom-Römer. Gespräch am 13. April 2021.
  • Uwe Becker, Bürgermeister und Kämmerer der Stadt Frankfurt, Beauftragter der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus. Gespräch am 22. März 2021.
  • Michael F. Guntersdorf, Projektleiter, Architekt und Stadtplaner, von 2009 bis 2018 Geschäftsführer der DomRömer GmbH. Gespräch am 20. April 2021.
  • Marc Jordi, Architekt, Zeichner und Bildhauer. Zusammen mit Susanne Keller als „Jordi & Keller Architekten“ verantwortlich für die Häuser Markt 8 „Großer Rebstock“ und Markt 40 „Zu den drei Römern“. Gespräch am 7. April 2021.
  • Susanne Keller, Architektin. Zusammen mit Marc Jordi als „Jordi & Keller Architekten“ verantwortlich für die Häuser Markt 8Großer Rebstock“ und Markt 40Zu den drei Römern“. Gespräch am 7. April 2021.
  • Christoph Mäckler, Architekt und Stadtplaner, Vorsitzender des DomRömer-Gestaltungsbeirats.
    Gespräch am 12. März 2021.
  • Dominik Mangelmann, Bauingenieur aus Offenbach, dessen Diplomarbeit im Jahr 2004 die Diskussion um die Bebauung des Römers maßgeblich befördert hat. Gespräch am 12. April 2021.
  • Wolfgang Siefert, Stadtrat, Aufsichtsratsmitglied der DomRömer GmbH. Gespräch am 20. April 2021.
  • Claus Wolfschlag, freier Autor, formulierte Jahr 2004 den initialen Antrag der BFF zur Altstadtbebauung.
    Gespräch am 19. März 2021.

Begonnen im August 2019 wird das Projekt bereits mit Mitteln der Hessischen Filmförderung für die Drehbuchherstellung gefördert. Die erste Buch-Fassung vom April 2021 enthält eine Auswahl von zunächst sechs Texten, die in der Art einer Kurzgeschichtensammlung geordnet sind und hier in Folge wiedergegeben werden.

Drehbuchförderung durch Hessenfilm und Medien 2019/2020