Film und Fotocollage 1988-89

von Ingrid Mössinger

Thomas Manks bildnerisches Denken ist bestimmt von der Reduktion. In einer Welt der Bildüberflutung konzentriert er sich auf das Minimale. Mit Hilfe einfacher technischer Mittel lotet er all Möglichkeiten im Bereich winziger Flächen und abgegrenzter Räume aus.

Thomas Mank interessieren nach eigener Aussage mathematische und technische Gesetzmäßigkeiten des Filmes. Wichtig ist ihm dabei, dass sich die Gesetzmäßigkeiten nicht nur aus dem Motiv, sondern auch aus der Beschaffenheit des jeweiligen Materials ableiten. Dazu gehören die Struktur des Fotopapiers, die Größenverhältnisse zwischen den industriell geformten Formaten oder auch die technisch-chemischen Prozesse, die zur Herstellung von Fotobildern, ob bewegt oder unbewegt, notwendig sind. Mit Film- und Fotomaterial zu arbeiten bedeutet für Thomas Mank daher in erster Linie Strukturen schaffen, gewissermaßen komponieren. Handwerklicher, technischer und formaler Bezugspunkt ist ihm dabei zur Zeit das Bild im 35 mm-Format. Dieses setzte er in ein Größenverhältnis zu einem 16 mm-Bild und stellte fest, dass das 35 mm-Bild eine Länge von fünf 16 mm-Bildern hat und dass das Breitenverhältnis von 35 zu 16 mm-Filmen 1:12 ist. 35 und 16 mm-Filme stehen aber nicht nur in einem metrischen, sondern auch in einem zeitlichen Verhältnis zueinander, da fünf 35 mm-Bilder einer Sekunde eines 35 mm-Bildes entsprechen. Thomas Mank komponiert seine Filme auf der Basis des Verhältnisses zwischen 16 und 35 mm Film.

Auslösend für die Idee der Elementarteilcollagen war für Thomas Mank die Beschäftigung mit dem Film, der ihm die in Einzelbilder aufteilbare Bewegung und die Wahrnehmungsgrenze des Auges bewusst machte. Ein weiterer Impuls ergab sich aus der Kenntnis des kettenförmigen Aufbaus des chemischen Trägers der Erbinformation DNS, als einer Strukturformel, die die Reihung als Prinzip elementarer Bausteine deutlich macht. Thomas Manks Ziel war von da an Begrifflich-Logisches in Übereinstimmung mit Gestaltlich-Anschaulichem zu bringen.

Thomas Mank erinnert mit seinen Elementarteilfotocollagen an die Beschleunigung des bildlichen Reproduktionsprozesses durch Fotografie und Film, indem er ein Bild in einzelne, von der Wahrnehmungsfähigkeit des Auges bestimmte Elemente zerlegt. Er untersucht Fotografie als technisches mittel und rückt damit ihre besondere Eigenschaft, die „technische Reproduzierbarkeit“ ins Blickfeld. Thomas Mank zeigt damit, dass Fotografie nicht nur ein künstlerisches, sondern auch in hohem Maße ein technisches Phänomen ist.

Thomas Manks Collage in der Ausstellung liegt das Motiv des Wasserstrudels zugrunde. Durch die Teilung des Motivs in kleinste Einheiten findet eine Entfremdung zwischen Betrachter und Motiv statt, die ein Ergebnis des analytischen Umgangs mit dem Bild ist. Umgekehrt aber entwickelt Thomas Mank daraus eine vom Motiv unabhängige, autonome Ästhetik. Er projiziert das Nacheinander des Films als Nebeneinander auf die Fläche. Damit macht er eine weitere, die Fotografie bestimmende Eigenschaft deutlich: Motiv und Fläche.

Thomas Manks Fotocollagen stehen in engem Zusammenhang mit der Schnitttechnik seiner Filme, wo er die Bewegung in winzigste Einheiten aufsplittert. Ebenso reiht er im fotografischen Bereich nicht statische, von einander unabhängige Einzelbilder aneinander, sondern überträgt das Prinzip der Montage des Films in das einer seriell angeordneten Collage. Die in der Ausstellung gezeigte Arbeit besteht zum Beispiel aus 576 Teilen, von denen 12 vertikal und 48 horizontal sich angeordnet sind. Diese Collage ist außerdem noch durch Achsen gegliedert, um die sich spiegelbildlich die Elementarteile ordnen. Die Struktur der Mankschen Collage setzt sich deshalb nicht nur aus dem Prinzip des Seriellen, sondern auch der Symmetrie zusammen.

Ingrid Mössinger aus: Kunst in Frankfurt, Frankfurter Kunstverein 1989