HOCHHAUS 1986/2022

Ausgangspunkt der Arbeit ist die Idee, die Struktur des Bildes über den gleichzeitig mitbelichteten Lichtton auch hörbar zu machen, Klang und bewegtes Bild mittels fotografischer Prozesse zu erzeugen, aber ohne Filmkamera.

Die dramaturgische Struktur hierzu ergaben sich aus den Foto-Bildern, gleichmäßig als 5er-Serie aufgenommen aus unterschiedlichen Perspektiven, die sich aus verschiedenen Entfernungen zum fotografierten Objekt ergaben, bearbeitet und erweitert mit einer Kopiertechnik, die ich mir seit meinem 16. Lebensjahr kontinuierlich mit zahlreichen Fotografien und Materialcollagen angeeignet hatte. Diese Collage aus Bewegtbildern bzw. die Erfahrung und Erkenntnis, die ich für mich daraus ableiten konnte, wurde zum Grundstein für meine gestalterischen Auffassungen.

Filmcollage, s/w, 35mm Kleinbild, N-8 Filmschleifen, Copyprint, 16mm positiv, synthetischer Lichtton, sechs handgefertigte Abzüge (Frankfurt 1986), digitale Nachbearbeitung (Berlin 2007/2023)

HOCHHAUS ist archiviert und ausleihbar:

LUX
Waterlow Park Centre,
Dartmouth Park Hill,
London,
N19 5JF, UK
Link: https://lux.org.uk/work/hochhaus

Deutsches Filminstitut – DIF e.V.
Filmarchiv
Friedrich-Bergius-Str. 5
D-65203 Wiesbaden

Das Objekt selbst ist der Europa-Tower, damals hieß er damals BfG-Hochhaus. Ich hatte das Motiv mehr oder weniger willkürlich gewählt, weil es eines der damals wenigen Hochhäuser der Stadt war und ich es aus mehreren Richtungen und Entfernungen her fotografieren konnte. Die Fassade mit den Fensterreihungen und einfachen grafischen Strukturen ließ zudem vermuten, auf der Tonspur klar identifizierbare Ereignisse zu erzeugen.

HOCHHAUS 1986, handgefertigte Foto-Fotokopie-Schleifen, Schablonen für die Positiv-Negativ-Herstellung © Thomas Mank

Die kleinste Einheit des künftigen Films ist zunächst eine Sequenz von fünf 35mm-Fotonegativen; deren Länge entspricht einer Sekunde 16mm Film. Diese Negativ-Sequenz wird durch Fotokopieren und negativ-positiv-spiegeln vielfach dupliziert. Die verschiedenen Sequenzen werden auf zusammengeklebt und ergeben den auf diese Weise den Kernfilm aus Papier.

Dieser „Kernfilm“ wird dann mithilfe eines Fotokontakt-Belichters direkt per Hand auf 16mm-Positiv übertragen; die Fotosequenzen werden mit dem Filmmaterial sozusagen „analog abgetastet“. Dieser Vorgang wird so oft wiederholt, bis das 35mm-Format nicht nur in seiner Länge, sondern auch in der Breite vollständig abgetastet ist – horizontal und vertikal also.

Insgesamt hatte ich sieben Kopien hergestellt; jede Kopie ist dadurch auch ein Original mit Eigentümlichkeiten, wie sie mit jedem handgefertigten Kopiervorgang entstanden.

Im Mai 2022 hat Lutz Garmsen die siebte der sieben Kopien (aus dem Nachlass Helmut Herbst) völlig neu digitalisiert. Der Scan wurde an einer Kinetta von Jeff Kreines angefertigt. Lutz hat dazu das komplette Bild einschließlich der Breite der Lichttonspur abgetastet. Tatsächlich ist der schmale Rand rechts, schwach wahrnehmbar abgesetzt, die einheitliche Tonspur. Dadurch wird das Prinzip der Arbeit noch einmal direkt offenbar: „What You See Is What You Get“ – oder besser: „What You See Is What You Hear.

Dabei wird zwangsläufig auch die Lichttonspur auf dem Filmmaterial mit belichtet, die am Rand eine Breite von 3mm ausmacht. Da auf diese Weise im handgefertigten Originalton und Bild auf gleicher Höhe liegen, was in der Projektion ein asynchrones Ereignis erzeugen würde, muss in einem dritten Schritt – nach dem Papieroriginal und der 16mm Handkopie – eine dritte Kopie erzeugt werden. Das habe ich auch per Hand getan, und zwar in einem alten Filmkopiergerät. Dort wird nun ein zweiter 16mm-Film zweimal belichtet: erst die Bildspur, dann anschließend die Lichttonspur, letztere um 24 Bilder versetzt. Das entspricht dem Abstand, wie Bild und Ton im Projektor abgetastet werden. Das Ergebnis ist das eigentliche synchrone Original, von dem nun 6 Kopien – per Hand – hergestellt wurden. Alle Kopiervorgänge mussten in Dunkelheit bzw. bei Rotlicht ausgeführt werden; der Aufwand war also enorm.

Die Kopie selbst habe ich seinerzeit Helmut Herbst als Geschenk überlassen; er hat sie im Laufe der Jahrzehnte mehrere Male vorgeführt. Die Gebrauchsspuren rühren allerdings weniger von der geringen Abnutzung, sondern sind vielmehr mitkopierte Spuren, die ich bei der sehr aufwändigen Herstellung mit meinen Händen hinterlassen habe.

Für die Wiedergabe hier im Netz kommt die wunderbare Arbeit von Lutz Garmsen der Wirkung der Kinoprojektion sehr nahe; durch die unterschiedlichen Größenverhältnisse des ursprünglichen Materialsein stroboskopischer Rhythmus entstehen Nachbildeffekte und erzeugen phasenweise Nachbildeffekte.